Portugal im Zeichen des Golfwachstums
IGTM 2024 in Lissabon

Während die klassische Reiseveranstalterbranche ihre Leistungen primär auf der ITB in Berlin und dem WTM in London einkauft, hat sich für Golf-Spezialveranstalter der IGTM als Einkaufsplattform etabliert. Wie bereits im letzten Jahr wurde das viertägige Event dieses Jahr Mitte Oktober erneut in Portugals Hauptstadt Lissabon ausgetragen. Wer letztmals vor der Pandemie an einem IGTM teilgenommen hatte, war vielfach von der Ausstellungsfläche überrascht, denn auch der IGTM – wie viele Fach- und Publikumsmessen – ist in der Fläche geschrumpft. Das tat der Qualität des Angebots jedoch keinen Abbruch: Die Stände waren primär als Ort für Gespräche ausgelegt, üppige Ausstellungsflächen einer Destination, wie man sie beispielsweise von einer ITB kennt, suchte man vergebens. Überhaupt war der IGTM 2024 vor allem auf Kommunikation und Kontakte ausgerichtet. Aussteller und Besucher waren in 20-minütigen Gesprächs-
slots getaktet – je nach Komplexität des Angebots durchaus eine Herausforderung. Dennoch: Eine nicht repräsentative Umfrage unter den Ausstellern ergab eine hohe Zufriedenheit, vor allem am Dienstag, dem ersten Messetag (Montag ist traditionell Golftag) berichteten die Aussteller von ausgebuchten Terminkalendern. Zusätzlich gab es für Medienvertreter am Dienstag sowie Aussteller und Fachbesucher am Mittwoch ein Speed-Networking mit nochmals knapper getakteten Gesprächsintervallen – eine tolle Gelegenheit, neue Branchenvertreter und Destinationen kennenzulernen, aber nach Einschätzung vieler Teilnehmer fast etwas zu eng in der Zeitplanung. Die Stimmung auf der Messe war gleichwohl ausgezeichnet, Golftourismus zählt weltweit – wie auch der klassische Tourismus – weiterhin zu den Wachstumsbranchen. Interessant zu hören in diesem Zusammenhang, dass einige Golfanlagen gar darüber nachdenken, sich in touristisch gut nachgefragten Regionen ganz auf Gastspieler anstatt Mitgliedschaften zu konzentrieren oder Mitgliedschaften zumindest deutlich gegenüber den Gastrunden zu limitieren.
Dazu passt auch eine Studie, die von EY Parthenon für den Nationalen Rat der Golfindustrie (CNIG) Portugals und den Portugiesischen Tourismusverband (CTP) erstellt wurde und die Entwicklung des Sektors zwischen 2019 und 2023 analysierte. Danach trug die Branche 2023 rund 120 Mio. Euro zum Bruttoinlandsprodukt Portugals bei, alleine 100 Mio. Euro davon entfielen auf die Algarve. Die direkten und indirekten Auswirkungen des Golfsektors auf die portugiesische Wirtschaft beliefen sich der Studie zufolge 2023 auf insgesamt 4,2 Milliarden Euro, was einem Anstieg von 57,4 % im Vergleich zu 2019 entspricht. Bezogen auf die Bruttowertschöpfung lag der Anstieg 2023 bei 16,5 % auf nunmehr 603 Millionen Euro. Neben der Algarve positioniert sich dabei vor allem die Golfküste Lissabon als zweiter Kernmarkt für Golf in Portugal. Das zeigt auch das wachsende Golf- und Resortangebot der Region. Der 2017 eröffnete West Cliffs Golf Links, rund eine Stunde nordwestlich von Lissabon, hat sich gemeinsam mit Praia D’El Rey unter den Top Resorts weltweit positioniert. West Cliffs hat sich inzwischen fest unter den Top 100 Courses etabliert.
Portugiesisches Golfangebot wächst
Wie in zahlreichen anderen Ländern Europas verfügt Portugal seit Mitte Oktober zudem über einen PGA Course. Das zwei 18-Löcher-Plätze umfassende Aroeira firmiert nun als PGA Aroeira Lisboa, der Hauptplatz wurde in den letzten Monaten umfangreich überarbeitet und nun frisch als Aroeira I wiedereröffnet. Das von der Details-Gruppe, zu der auch das renommierte Vilamoura-Resort an der Algarve zählt, geführte Resort ist damit ein weiterer Beleg dafür, dass aktuell hohe Investitionen in das portugiesische Golfangebot fließen – mal als Neuinvestition, mal als Renovierungsprojekt. Naturgemäß wird der neu eingesäte Platz noch ein paar Monate brauchen, um vollständig einzuwachsen, aber dann steht den Gästen Portugals rund eine Stunde südwestlich von Lissabon ein weiterer Top-Platz mit ausgezeichneten Trainingsmöglichkeiten zur Verfügung. Auch der zweite Platz, der nunmehr unter Aroeira II läuft, soll noch überarbeitet werden. Insgesamt hat Details für die kommende Jahre ein umfassendes Investitionsprogramm aufgelegt, das den Golfern aus aller Welt ein noch besseres Angebot auf und abseits des Golfplatzes zur Verfügung stellen wird.
Highlight unter den Neubau-Projekten im portugiesischen Golf ist zweifelsohne das Resort Terras da Comporta. Der erste Platz des Resorts, Dunas, konnte sich binnen kürzester Zeit unter den besten Anlagen weltweit positionieren. Für 2025 steht ein weiteres Highlight an: Der erste von Sergio Garcia designte Golfplatz, Torre, wird dann das Angebot von Terras da Comporta ergänzen. Bis dahin haben Manager Rodrigo Ulrich und sein Team noch viele Herausforderungen zu bewältigen, denn für beide Plätze steht der Bau des Clubhauses noch an – beim Dunas Course nutzt man aktuell das Gebäude der Academy als Provisorium. Der neue Torre-Course soll auch im Bereich Training neue Maßstäbe setzen, eine riesige Range mit inkludiertem Pitch & Putt-Platz verdeutlich dies. Das Projekt des portugiesischen Immobilienentwicklers Vanguard Properties soll zudem um Immobilien erweitert werden. Während diese beim neuen Torre-Course klassisch entlang der Spielbahnen entstehen werden, ist für den Dunas-Course geplant, sie mehr in den Wald um den Platz herum zu positionieren.
Fazit
Der IGTM und die zahlreichen, durchweg sehr hochwertigen Projekte rund um Portugals Hauptstadt Lissabon unterstreichen die Bedeutung des Golftourismus für die Volkswirtschaft des Landes. Zudem wurde auf dem IGTM einmal mehr deutlich, dass gerade in Feriendestinationen eine aktive Vermarktung von Startzeiten an Greenfeespieler aus aller Welt am erfolgversprechendsten ist. Schade nur, dass einmal mehr keine einzige deutsche Golfanlage auf diesem Event vertreten war – obwohl auch Deutschland angesichts der aktuellen Entwicklung bei den Mitgliederzahlen mehr Gastspieler, vor allem aus dem Ausland, vertragen könnte. Ein Blick auf die Website der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) unterstreicht, dass Golf in der deutschen Incoming-Strategie offensichtlich kaum eine Rolle spielt. Schade eigentlich, denn Deutschland hat, wie seine Nachbarländer in Kontinentaleuropa, einige sehr gute Golfanlagen zu bieten, auch in klassischen Feriendestinationen. Zudem schreibt das deutsche Incoming derzeit Rekordzahlen bei Übernachtungen und Gästen – eine hervorragende Basis, um auch das deutsche Golfangebot stärker in den Fokus zu rücken. Anders als bei den Golfanlagen haben die deutschen Reiseveranstalter die Möglichkeiten einer zentralen Einkaufsmesse längst erkannt und waren auch in Lissabon auf dem IGTM erneut zahlreich vertreten.
Autor: Michael Althoff | golfmanager 5/2024