Terra incognita
Machrihanish-Projekt setzt neue Maßstäbe
An der „falschen Seite“ von Schottland ist ein Projekt geplant, das nach dem Willen seiner Betreiber zum nächsten Must-go-Golfreiseziel der Welt werden soll – eine Herausforderung für nachhaltige Entwicklung und fürs Destinationsmarketing.
Es gibt Leute, sogar Medienmenschen, die Schottlands Westen als „falsche Seite“ des Golf-Mutterlands bezeichnen. Das sagt viel über die geografische Verortung des Spiels aus, in deren Fokus zuvorderst das Home of Golf St. Andrews mit dem Old Course an der Ostküste steht. Diese Sichtweise lässt außer Acht, dass auf der „falschen Seite“ Ikonen wie Prestwick als Wiege der Open Championship, die Open-Bühne Royal Troon oder das von der Trump-Golforganisation aufpolierte Turnberry liegen. Nicht zu reden vom Ayrshire Stretch mit 16 Küstenplätzen auf einer Länge von elf Kilometern.
Noch diffuser wird die Wahrnehmung weiter westlich, wenn es um Golf auf den Hebriden-Inseln oder auf der Halbinsel Kintyre mit drei auf ureigene Weise hinreißenden Linkskursen geht. Für viele Golfer ist die Region weitgehend Terra incognita, unbekanntes Terrain. Genau das wollen die Macher von Machrihanish Dunes ändern, deren 2009 eröffneter Dünen-Parcours an den 1879 vom Golfpatriarchen Old Tom Morris angelegten Old Course des Machrihanish Golf Club grenzt. Der Dritte im Bunde ist Dunaverty an der zerzausten Spitze der Halbinsel. „MachDunes“, das vom renommierten Designer David McLay Kidd in Abstimmung mit der schottischen Naturschutzbehörde NatureScot in das dortige Naturschutzgebiet (Site of Special Scientific Interest, SSSI) am Atlantik gegossen wurde und als einer der naturbelassensten, ursprünglichsten Plätze der Welt gilt, soll Zuwachs in Gestalt eines zweiten Linkskurses bekommen, der teilweise ebenfalls in die Dünenlandschaft integriert wird.
Die Verantwortlichen haben noch mehr vor. „Wir wollen das nächste Must-go-Golfreiseziel der Welt werden“, verkündete kürzlich Tommy Southworth, Juniorchef des in Boston beheimateten und auf Golf- und Hotelanlagen spezialisierten Projektentwicklers und Betreibers Southworth. Rund 110 Millionen Euro sollen in die Erweiterung investiert werden: für den zweiten Platz, ausgedehnte Übungsanlagen, ein Clubhaus, ein Fünf-Sterne-Hotel, 50 Cottages und Sportanlagen mit Hallen- und Freibad, Spa sowie Tennis-, Pickleball- und Fußballplätzen samt entsprechender Infrastruktur. Die entsprechenden Vorhaben-Genehmigungen sind zwischenzeitlich erteilt, bei der Bürgerbeteiligung stimmten 96 Prozent für das Projekt. Derzeit wird mit potenziellen Investoren verhandelt, dann soll ein weiterer Designer aus der Beletage der Branche verpflichtet werden. Der Spatenstich wird für 2026 angepeilt. Zu den großen Herausforderungen bei der Planung gehört die harmonische Integration aller Baulichkeiten dieses Großprojekts in die spröde, raue Küstenlandschaft. Es könnte idealerweise eine Blaupause für die nachhaltige Entwicklung eines
Golfresorts werden – wie bereits „MachDunes“ beispielhaft für die Integration eines Platzlayouts in ein Schutzgebiet war. Lediglich 2,8 der insgesamt knapp 105 Hektar Fläche wurden beim Bau „angefasst“ – für Teeboxen und Grüns. Bei allem anderen schöpfte McLay Kidd aus den natürlichen Vorgaben des Geländes.
Die zweite Challenge ist ein Nadelöhr im sprichwörtlichen wie buchstäblichen Sinn. Gemeint ist die Erreichbarkeit. Der Weg auf die Kintyre-Halbinsel führt entweder per 19-sitzigem Miniflieger vom Flughafen Glasgow zum Hauptort Campbeltown: Eine enge, nicht selten vom Wetter beeinflusste Verbindung. Oder man cruist gut drei Stunden mit dem Leihwagen vom Flughafen Glasgow über die kurvenreiche Landstraße A83 nach Kintyre: vorbei am Loch Lomond, durch Städtchen wie Inveraray und Tarbert und entlang der Küste. Das ist zwar außerordentlich szenisch, aber nicht selten durch Erdrutsche, Straßenschäden oder den Wellenschlag des Meeres bei stürmischem Wetter belastet.
Die Machrihanish-Macher wissen um das Problem. Unabdingbare Voraussetzung für ein effizientes Destinationsmarketing ist daher die Reaktivierung des einstigen Stützpunkts der Royal Air Force direkt neben den Links von Machrihanish Dunes. Die ursprünglich gut drei Kilometer lange Start- und Landebahn Runway wurde nach dem Abzug der Streitkräfte für den zivilen Luftverkehr auf weniger als die Hälfte verkürzt. „Ein Ausbau auf die ursprüngliche Länge hat für uns absolute Priorität, damit größere Verkehrs- oder Charterflugzeuge hier landen können“, verdeutlicht Southworths Europapräsident Greg Sherwood im Gespräch mit dem golfmanager. „Wenn wir in so einer Größenordnung planen, muss gewährleistet sein, dass wir auch die Gäste in entsprechender Zahl hierherkriegen.“
Anm. d. Red.: Der golfmanager hat exklusiv die Gelegenheit, das in vielerlei Hinsicht einzigartige Machrihanish-Projekt vor allem in puncto Nachhaltigkeit und Destinationsmarketing zu begleiten und wird in unregelmäßiger Folge diverse Aspekte aufgreifen.
Autor: Michael F. Basche | golfmanager 5/2024